„Wir gehen in eine neue Zeit“: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Neuperlach
September 2024. „Wir hatten diese große Idee des Neuen Europäischen Bauhauses – aber diese Idee kann nur funktionieren, wenn sie von unten mit Leben gefüllt wird. Für mich ist es überwältigend zu sehen, dass dies auch passiert“, zeigte sich die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begeistert bei ihrem Besuch in Neuperlach. Im südöstlichen Stadtteil von München entstehen im Rahmen des Leuchtturmprojekts „Creating NEBourhoods Together“ seit Oktober 2022 schöne, umweltgerechte und zukunftsfähige Nachbarschaften im Sinne des Neuen Europäischen Bauhauses (NEB) – gemeinsam mit der Bevölkerung, Vertreter:innen der Verwaltung, aus der Wirtschaft und Wissenschaft.
Sie habe gehofft, dass die Menschen sich von der Idee begeistern lassen, durch die europäische Initiative NEB den Green Deal spürbar und greifbar werden zu lassen. „Aber es wäre niemals planerisch möglich ohne die Kreativität der Menschen, die sich beteiligen und die bereit sind, diesen neuen Weg zu gehen. Die wollen, dass die Bauweise und die Art und Weise, wie wir zusammenleben, sich verbessert. Ich hatte es gehofft. Aber es passiert noch viel mehr in der Breite, als ich jemals gedacht hätte.“
Das Herz des neuen Europäischen Bauhauses schlägt in Neuperlach
Begrüßt wurde die Kommissionspräsidentin von der 3. Bürgermeistern der Landeshauptstadt München, Verena Dietl. Sie freue sich, Ursula von der Leyen in Neuperlach willkommen zu heißen und die Entwicklung des Stadtteils durch das europäisch geförderte Projekt „Creating NEBourhoods Together“ zu zeigen: „Wir sind sehr stolz darauf, dass wir das New European Bauhaus Projekt hier in München haben. Da sieht man, dass auch in den Kommunen das Herz der EU schlägt.“
Eine kurze Einführung in Creating NEBourhoods Together und der beteiligten Institutionen aus Verwaltung, Wissenschaft und Unternehmertum übernahmen die drei Foundingpartner Prof. Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk, Stadtbaurätin der Landeshauptstadt München und Leiterin des Referats für Stadtplanung und Bauordnung, Prof. Dr. Helmut Schönenberger, Geschäftsführer (CEO) der UnternehmerTUM GmbH und Prof. Werner Lang vom Lehrstuhl für Energieeffizientes und Nachhaltiges Planen und Bauen der Technischen Universität München.
Sichtbarkeit gemeinsam entwickelter NEBourhoods Ideen
Gunda Wolf-Tinapp, stellvertretende Vorsitzende des Bezirksausschusses Ramersdorf-Perlach, sprach für die Bürger:innen Neuperlachs, die im Projekt NEBourhoods die wesentliche gestaltende Kraft sind. Gemeinsam mit ihnen entstehen all die Ideen und Veränderungen, die seit diesem Sommer im Stadtteil sichtbar werden. Mit mehr als 70.000 Einwohnern ist Neuperlach das größte deutsche Stadterweiterungsgebiet der Nachkriegszeit. Heute steht der Stadtteil vor großen sozialen, stadtplanerischen und baulichen Herausforderungen – mit einer Vielzahl von sanierungsbedürftigen Wohn- und Bürogebäuden aus den Sechziger- bis Achtzigerjahren und vernachlässigten Freiflächen.
Das Ziel in der gemeinsamen Arbeit mit Bürger:innen, Kreativen und Expert:innen in den Reallaboren von Creating NEBourhoods Together ist die Entwicklung von Ideen, die ein zukunftsfähiges Wohnen und Arbeiten in Neuperlach ermöglichen. Öffentlicher Raum, attraktives Wohnen, Energiegemeinschaften und Nahmobilität stehen dabei ebenso im Fokus wie Jugendkultur, Ernährung, Biodiversität und Kreislaufwirtschaft.Dabei werden sämtliche Erfahrungen und Ergebnisse, die im Rahmen des Leuchtturmprojekts für das Neue Europäische Bauhaus entstehen, anschließend europaweit zur Verfügung gestellt werden. Neuperlach wird so ein Vorbild für andere europäische Städte.
NEBourhoods Reallabore
Im NEBourhoods Pavillon – an zentraler Stelle im Wohnring Neuperlachs seit Januar 2024 Anlaufstelle für interessierte und engagierte Bürger:innen – übergab die Projektleiterin von NEBourhoods, Dr. Sylvia Pintarits vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung, zur Vorstellung der durch ko-kreative Prozesse entstandenen Projekte und Reallabore das Wort an die einzelnen Teams.
Stefan Gruhne, Prof. Andreas Müsseler und Prof. Andreas Hild erläuterten anhand der am TUM-Lehrstuhl für Entwerfen Umbau und Denkmalpflege entstandenen Modelle das NEBourhoods-Projekts „Wohnen weiterbauen“: Energetische Sanierung von Wohnbauten, bei denen die notwendige Dämmschicht als räumliche Nutzzone gedacht wird.
Die Verschattungsarchitektur, die vom TUM-Lehrstuhl für Gebäudetechnologie und klimagerechtes Bauen gemeinsam mit der str.ucture GmbH seit 2023 entwickelt wurde, präsentierten als Beteiligte die Schüler:innen und Lehrkräfte der Internationalen Montessorischule Campus di Monaco. Gemeinsam schuf man einen Ort zum Verweilen im Schatten – oder zum Aufladen von Devices, dank der integrierten Solarmodule.
Ebenfalls gemeinsam mit Schüler:innen und Jugendlichen entwickelte Filmemacher Patrik Thomas im Rahmen des Projekts „PEARL – Orte für Jugendkultur“ des Lehrgebiets Städtebau und Theorie der Stadt der Architekturfakultät der Hochschule München das Ciné Velo Cité: Ein mobiles Fahrradkino, das seit Sommer letzten Jahres in Neuperlach an immer wieder unterschiedlichen Orten im Einsatz ist.
Serena Keller vom TUM-Lehrstuhl für Gebäudetechnologie und klimagerechtes Bauenstellte die Energiegemeinschaft München eG vor, die im Anfang Juli 2024 im Rahmen von NEBourhoods gemeinsam mit Bürger:innen Anfang Juli diesen Jahres als inklusive Gemeinschaft gegründet wurde. Unterstützt werden sie dabei von Otter Energy, die mit ihrem Start-up den ersten Zähler am Perlacher Herz installiert haben.
Eine weitere erfolgreiche Vernetzung im Rahmen der Entrepreneurshop-Aktivitäten von NEBourhoods ist das das Start-up WeOn. Timo Weil präsentierte nicht nur sein innovatives faltbares Holzhybridbausystem im Modell: WeOn erhielt durch die UnternehmerTUM die Möglichkeit, mit dem NEBourhoods-Pavillon seine Konstruktion erstmal zu realisieren.
Statements der EU-Kommissionspräsidentin
Ursula von der Leyen, EU-Kommissionspräsidentin:
„Creating NEBourhoods Together ist ein großartiges Projekt. Das neue europäische Bauhaus hier mit der lokalen Ebene. Die Zusammenarbeit ist außergewöhnlich, nicht nur mit der Stadt, sondern auch mit der Universität und Unternehmertum und vor allen Dingen vielen, vielen jungen Menschen, die grandiose Ideen haben. Und so wächst hier etwas von unten, was nicht nur Schönheit bringt, sondern auch Funktionalität. Aber ganz wichtig Nachhaltigkeit und mehr soziales Miteinander. Es könnte nicht besser sein. Und ich bin ganz begeistert von den vielen Ideen.“
„Also hier Neuperlach ist mit Creating NEBourhoods Together schon mal ein ganz großartiges Pilotprojekt und beispielgebend. Und das gibt es schon in anderen Regionen Europas auch mit ähnlichen, aber anderen Ideen. Das Prinzip ist das gleiche und je besser das ist, desto mehr steckt es an, es nachzumachen. Und das sieht man hier in Neuperlach. Wenn man hier heute ist. Mir geht es zumindest so ich bin so begeistert von all dem, was ich gehört habe, dass es einen richtig in den Fingern juckt, das woanders auch zu wiederholen. Ob es in Portugal ist oder in Finnland, ist mit anderen Bedingungen natürlich. Aber da ist Neuperlach schon wirklich beispielgebend.“
Video-Statement Ursula von der Leyen
Statements seitens Vertreterinnen der Landeshauptstadt München
Verena Dietl, 3. Bürgermeisterin der Landeshauptstadt München:
Die 3. Bürgermeisterin Verena Dietl freute sich, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Neuperlach begrüßen zu dürfen und die Entwicklung des Stadtteils durch das europäisch geförderte Projekt „Creating NEBourhoods Together“ zu zeigen:
„Wir sind sehr stolz darauf, dass wir das New European Bauhaus Projekt hier in München haben. Da sieht man, dass auch in den Kommunen das Herz der EU schlägt.“
Gunda Wolf-Tinapp, Stellvertretende Vorsitzende Bezirksausschusses Ramersdorf-Perlach:
„Es ist ein Graswurzelprojekt mit sehr vielen Ideen, von Hubs für Nachbarschaft und Mobilität, zu Biodiversität, Natur und Tiere in der Großstadt bis hin zu Wohnbausanierungen oder Verschattungen gegen Hitzeinseln. Das freut uns! Und besonders freut es uns, wenn auch was sichtbar ist. Das ist ganz wichtig auf der kommunalen Ebene.”
Dr. Sylvia Pintarits, Koordination NEBourhoods, Landeshauptstadt München, Referat für Stadtplanung und Bauordnung:
„Creating NEBourhoods Together ist Programm für unser Projekt. Schon das Wort NEBourhoods steht dafür, dass wir Nachbarschaft mit dem Neuen Europäischen Bauhaus verbinden. Und „creating together“ ist auch das, was uns am Herzen liegt. Hier hat die Hochschule München und das Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft neben allen unseren anderen Partner:innen eine fantastische Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort ins Leben gerufen.
Statements Founding Partner "Creating NEBourhoods Together"
Prof. Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk, Stadtbaurätin der Landeshauptstadt München – Leitung des Referats für Stadtplanung und Bauordnung, Berufsmäßiges Mitglied des Stadtrats:
“Transformation, der Green Deal und die Renovation Wave passieren ja heute immer in einer Stadt, die schon da ist. Die Zeiten, in denen auf der grünen Wiese noch mal ein Neuperlach gebaut wird, sind vorbei. Insofern ist es so wichtig, dass wir da neue Impulse reinbringen und nicht nur Defizite reparieren.
Für uns ist das Neue Europäische Bauhaus mit dem Neuperlacher Projekt NEBourhoods, eine Qualifizierung dessen, was auf kommunaler Ebene mit Städtebaufördermitteln passiert.
Das New European Bauhaus macht jetzt mit kreativen Ideen noch mal ein Fenster auf und verknüpft Dinge auf eine andere Weise. Das gibt uns die Möglichkeit, die Dinge, die wir sowieso tun, nochmal zum Tragen zu bringen.”
Prof. Dr. Helmut Schönenberger, Geschäftsführer (CEO) der UnternehmerTUM GmbH:
„Es ist toll, dass wir hier in München Neuperlach diese große Vision des Neuen Europäischen Bauhaus aus Brüssel wirklich konkret machen. Und was für uns als Münchner einfach wichtig ist dass wir super zusammenarbeiten: die Stadt, die Universitäten, die Gründerszene und vor allem die jungen Leute. Deswegen ist das Entrepreneurship Thema so wichtig. Wir haben hier in Neuperlach einen kleinen Ableger unseres großen Makerspace, einen Makerspace Container. Da wurden ganz viele Prototypen gebaut.“
Prof. Dr. Werner Lang, Vizepräsident für Sustainable Transformation, Inhaber des Lehrstuhls für energieeffizientes und nachhaltiges Planen und Bauen der Technischen Universität München (TUM):
„Sämtliche Themen, die unser Projekt ausmachen – mehr Grün, mehr Biodiversität, Inklusion, Teilhabe, zirkuläres Denken – und von denen man gerne hätte, dass sie zusammenwachsen: Das ist hier in Neuperlach tatsächlich gelungen. Unser Blick hat sich zunächst auf die Quartiersebene gerichtet, dann auf die Gebäudeebene. Immer mit der Frage verbunden: Was brauchen die Menschen hier vor Ort? Wir versuchen mit der Durchmischung des Quartiers damit der monofunktional geprägten Entwicklung der Sechzigerjahre gegenzusteuern. Uns gelingt dies vor allem durch unsere partizipativen Workshops und dank aller Involvierten. Und dank der Initiative des Neuen Europäischen Bauhauses, das dies ermöglicht hat.“
Statements der Projektbeteiligten
Antonia Veramendi, Schulleiterin der internationalen Montessorischule Campus di Monaco, Neuperlach:
„Wir sind eine besondere Schule. Von der Grundschule bis zur Berufsförderungseinrichtung und von unserem 370 Schülerinnen hat mehr als die Hälfte Fluchterfahrung und dazu noch ein großer Teil Inklusionsbedarf. Das heißt, die haben schwere soziale Benachteiligungen und trotzdem schaffen das alle unsere Schülerinnen, einen erfolgreichen Schulabschluss zu machen und dann erfolgreich in Beruf und Ausbildung einzumünden. Das ist eine Riesenleistung von den Jugendlichen.
Neben Jugendhilfe und Inklusion nehmen wir wir Bildung für Nachhaltigkeit extrem ernst, weil natürlich die sozial benachteiligten Gruppen der Gesellschaft auch die sind, die besonders unter den Klimawandelfolgen leiden.“
Schüler der internationalen Montessorischule Campus di Monaco, Neuperlach:
„Ich freue mich total, dass wir an unserer Schule so ein Projekt wie das Schattendach haben. Im Sommer ist es hier richtig heiß und jetzt können wir auch draußen Unterricht machen. Mit den Solarpanels auf dem Schattendach kann man da sogar sein Handy aufladen.“
Serena Keller, Lehrstuhl für Gebäudetechnologie und klimagerechtes Bauen/TUM:
„Mit der Energiegemeinschaft München eG haben wir die Grundlagen geschaffen, damit andere Quartiere uns nachfolgen können. Wir haben Antworten auf verschieden Herausforderungen gefunden, die Satzung geschrieben, alles nur Denkbare integriert – und dies direkt gemeinsam über soziale Aspekte mit Bürgerinnen zusammen. Alles was wir schaffen, steht an Wissen für andere zur Verfügung. Aber es können natürlich auch weitere Menschen bei uns teilhaben.“
Prof. Andreas Müsseler, OTH Regensburg, Lehrgebiet Entwerfen, Konstruieren und digital gestütztes Realisieren:
„Wir müssen die etwa 50 Jahre alten Wohnhäuser natürlich energetisch sanieren. Um nicht nur eine notwendige Dämmschicht aufzubringen, ist unser Konzept, diese so zu erweitern, dass sie zu einer benutzbaren Raumzone wird und wie ein einfaches Holzregal mit einer einfachen Verglasung als Wintergarten vor die Wohnungen setzt. Über so einen Vorbau bekommen wir für die Wohnungen nicht nur eine bessere Energiebilanz und den Raumgewinn sondern auf einmal eine enorme Vielfalt und Flexibilität.”
Timo Weil, Gründer des Start-ups WeOn (NEBourhoods Pavillon):
„Wir haben einen HolzHybridbausystem entwickelt. Inspiriert von den Werten vom neuen europäischen Bauhaus und Megatrends wie Neoökologie und Microliving. Das Besondere daran ist dass es durch einen Faltmechanismus einfach transportiert werden kann und schnell aufgebaut ist.“
Patrik Thomas, Fotograf und Filmemacher, Initiator des Ciné Velo Cité:
„Neuperlach besitzt kein eigenes Kino, es fehlt an niedrigschwelligen Kulturinitiativen. Mit dem mobilen Fahrradkino Ciné Vélo Cité bringen wir Filmvermittlung, Medienpädagogik sowie Fragen zu Klima und Mobilität als mobiles Kino in den Stadtraum. Es ist wichtiger denn je, mediale Kompetenzen an junge Menschen heranzutragen um so eine medial geschulte kritische Gesellschaft von Morgen aufzubauen. Filmkultur ist ein essenzieller Bestandteil der heutigen Bildungslandschaft. Mit dem Fahrradkino bringen wir all dies auf zugängliche Weise in den öffentlichen Raum.“